Mehr als zehn identische GeForce GTX 980 Ti Grafikkarten testen zu können ist für eine Review-Seite wie ocaholic kein triviales Unterfangen. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Anzahl solcher Pixelbeschleuniger von einem Lastwagen fällt und man dann noch per Zufall zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist, kann man getrost auf sehr nahe bei Null schätzen. Entsprechend musste eine andere Lösung gefunden werden als schieres Glück um den Zusammenhang zwischen ASIC Qualität und maximalem Boost-Takt bei NVIDIA GeForce GTX 980 Ti Grafikkarten zu untersuchen.
Im Rahmen einer "Binning-Session" bei der MIFCOM GmbH erhielten wir schliesslich die Möglichkeit uns insgesamt 11 GeForce GTX 980 Ti Grafikkarten von EVGA anzunehmen, wobei es sich um Referenzkarten handelte.
Was bedeutet ASIC und ASIC Qualität?
ASIC ist an und für sich schlicht und ergreifend eine Abkürzung und steht für "Application-specific integrated circuit". Führt man sich den
Wikipedia Artikel zu ASIC zu Gemüte, dann wird klar, dass es sich also um einen Chip handelt, der spezifische Aufgaben besonders effizient lösen soll. Im Prinzip kann jeder Prozessor, jedes SoC für Smartphones oder eben auch bei jegliche GPUs als ASIC bezeichnet werden, sprich alles sind Chips für spezielle Anwendungszwecke.
Was aber hat es denn nun mit der ASIC-Qualität auf sich? Heutige Prozessoren wie auch Grafikchips werden aus hochreinem Silizium hergestellt, wobei mittels aufwändiger Lithographieverfahren die einzelnen Transistoren entstehen. Im Endeffekt werden aktuell beispielsweise Grafikchips gefertigt, die aus Milliarden einzelner Bauteile (Transistoren) aufgebaut sind. Wie bei jedem Bauteil, das hergestellt wird, gibt es auch bei Transistoren Fertigungstoleranzen. Speziell wichtig ist beispielsweise, dass die Isolationsschichten dick genug sind, sodass Elektronenmigration verhindert werden kann. Diese tritt auf, wenn zu hohe Stromstärken bei zu hoher Spannung anliegen. Das kann man sich in etwa so vorstellen wie bei einer Röhre durch die unter Druck Wasser gepumpt wird. Der Druck darf dabei einen Maximalwert nicht überschreiten, da ansonsten die Röhe beschädigt würde. Die Wand der Röhre kann man in diesem Fall mit der Isolationsschicht bei einem Transistor vergleichen und das Wasser, das durch die Röhre fliesst entspricht dem elektrischen Strom. In anderen Worte möchte man die Spannung, die an Transistoren anliegt so niedrig wie möglich halten, um mitunter die genannte Elektronenmigration zu unterbinden. Je höher die ASIC Qualität, sprich die Fertigungsqualität des Chips ist, desto tiefer können die Standardspannungen ausfallen. Tiefere Spannungen haben aber nicht nur geringere Elektronenmigration (auch Leckströme genannt) zur Folge, sondern führen zu geringeren Stromverbrauch. In diesem Zusammenhang kommen wir schliesslich zu NVIDIAs sogenanntem "Power Target", wobei wir dann schon recht nahe beim Zusammenhang zwischen ASIC Qualität und Taktrate sind.
Wie hängen NVIDIAs Power Target und Taktrate zusammen?
Vor mittlerweile einigen Jahren führte NVIDIA das sogenannte "Power Target" ein. Dabei wird für jeden Grafikchip ein Stromverbrauchswert definiert, der nicht überschritten werden darf. Der Stromverbrauch einer GPU ergibt sich sichliesslich aus der Anazhl Transistoren, der Taktrate und der anliegenden Spannung. Hat man es nun mit einem Grafikchip zu tun, der kaum Leckströme verursacht, dann kann eine tiefere Spannung gefahren werden. Eine tiefere Spannung bedeutet, dass der Stromverbrauch gesenkt wird und das führt wiederum dazu, dass man unterhalb des eigentlich "Power Tagets" zu liegen käme. Um anschliessend das "Power Target" voll auszureizen, kann die Taktrate angehoben werden, was letztlich den Zusammenhang zwischen GPU Taktrate und ASIC-Qualität herstellt.
Und in der Praxis?
Mittlerweile sind wir endlich am Punkt angenommen, wo wir uns den Messwerten annehmen können. Insgesamt testeten wir 11 identische GeForce GTX 980 Ti Grafikkarten nach NVIDIAs Referenzdesign. Bei 56.4% handelt es sich um den tiefsten ASIC Wert und 80.2% war das höchste der Gefühle. Die Spannweite ist in diesem Fall erstaunlich gross, wenn man bedenkt, dass es sich um Karten ein und derselben Serie handelt. Ganze 23.4% beträgt der Unterschied. Führen wir uns zudem die mit diesen ASIC Werten zusammenhängenden Taktraten zu Gemüte, dann sehen wir, dass die Karte mit 56.4% ASIC-Qualität über einen maximalen Boost-Takt von 1139MHz verfügte, wohingegen der Pixelbeschleuniger mit 80.2% ASIC-Qualität seinen Dienst mit 1240MHz verrichtete.
An dieser Stelle alle Werte:
ASIC Quality |
Max Boost Clock |
56.4 % |
1139 MHz |
56.6 % |
1140 MHz |
59.5 % |
1152 MHz |
61.0 % |
1164 MHz |
64.7 % |
1177 MHz |
68.6 % |
1189 MHz |
68.6 % |
1189 MHz |
69.3 % |
1202 MHz |
70.9 % |
1202 MHz |
73.0 % |
1215 MHz |
80.2 % |
1240 MHz |
Und hier die Maximalen Boosttaktraten in Abhängigkeit von der ASIC-Qualität:
Im Endeffekt kann man zwei durchaus erstaunliche Fakten aus diesen Testresultaten extrahieren. Zum einen wäre da schlicht und ergreifend die Tatsache, dass Hersteller ein und dieselbe Grafikkarte mit offensichtlich bis zu 100 MHz und mehr Tatktunterschied zum selben Preis verkaufen. Hätte man nun Glück und erwischt die beste von uns getestete Grafikkarte, so hätte man einen Pixelbeschleuniger in seinem System der der knapp 8.9% schneller ans Werk geht als derjenige mit dem tiefsten ASIC Wert.
Zudem ist es interessant zu sehen, dass ein beinahe linearer Zusammenhang zwischen ASIC-Qualität und maximaler Boost-Taktrate besteht - die wir übrigend anhand von 3DMark Firestrike und GPU-Z ermittelten.
An dieser Stelle wollen wir dieses Kapitel schliessen. In einem weiteren solchen Artikel werden wir uns GTX 980 Ti Grafikkarten von MSI annhehmen, genauer gesagt den MSI GeForce GTX 980 Ti Gaming 6G. Wir sind gespannt ob bei diesen High-End-Custom-Karten die ASIC Werte ebenso drastisch streuen, wie bei den Referenzkarten von EVGA.